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ErbkrankheitenBully Relevante Erbkrankheiten
Degenerative Myelopathie|DM
Bei der degenerativen Myelopathie handelt es sich um ein langsam fortschreitendes Absterben der langen Rückenmarksbahnen. Vor einiger Zeit wurde ein Risikofaktor für die Entwicklung einer DM entdeckt. Eine Mutation im Gen der so genannten Superoxid-Dismutase 1 (SOD1-Gen) wurde bei vielen Rassen nachgewiesen, die in Zusammenhang mit der DM steht. Die SOD ist ein wichtiger Radikalfänger in Nervenzellen. Freie Radikale entstehen im Stoffwechsel jeder Zelle und können die Erbsubstanz und die Zellintegrität erheblich schädigen. Dies ist bei Nervenzellen besonders fatal, da diese sich nicht mehr teilen, wodurch sonst geschädigte Zellen ersetzt werden könnten. Der Abfang dieser schädigenden Moleküle ist daher für Nervenzellen sehr wichtig. Es wurde der Vergleich zur humanen Amyotrophen Lateralskelrose gezogen, die ebefalls auf einen solchen SOD1-Defekt zurückzuführen ist.
Die Störung der langen Rückenmarksbahnen, die das Gehirn mit den Nerven der Gliedmaße verbinden ist für die klinischen Symprome der Tiere verantwortlich. Der Kontaktverlust von Sensor (Gliedmaßen) und der Schaltzentrale (Zentralnervensystem) bedingt zunächst den Verlust der Feinmotorik. Mit Voranschreiten der Degeneration werden dann auch Faserbahnen betroffen, die vom Zentralnervensystem aus die Muskelaktivität selbst steuern, so dass die Muskeln der Hintergliedmaße immer schwächer werden. In der Regel treten die Symptome der Erkrankung beim älteren Hund auf (5-14 Jahre). Die Tiere zeigen Ganganomalien, die sich auf die Hintergliedmaße beschränken. Die Feinmotorik der Hinterhand ist eingeschränkt (Ataxie), die Tiere schwanken, sinken im Verlauf der Erkrankung immer mehr in der Hinterhand ein und können schließlich vollkommen gelähmt sein. Da keine Veränderungen der Knochen oder Reizungen und Entzündungen der Nerven vorliegen, geht der Nervenzelluntergang nicht mit Schmerzen einher, worin ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zu anderen Krankheiten des Bewegungsapparates oder des Nervensystems liegt.
Im weiteren Verlauf breitet sich die Krankheit auf die Vordergliedmaße aus, die Atemmuskulatur, die Rachen und Schlundmuskulatur wird beeinträchtigt, sodaß Atem- und Schluckbeschwerden eintreten.
Cystinurie|CYS
Cystinurie entsteht durch einen Defekt in der Resorption von Aminosäuren (COLA: Cystein, Ornithin, Lysin, Arginin) in den proximalen Nierentubuli. Cystinurie wurde bei mehr als 65 Hunderassen beobachtet. Bei Cystinurie bilden sich Cystinsteine in der Blase (Urolithiasis). Im Mittel tritt die Erkrankung bei Hunden mit 5 Jahren (2 – 7 Jahre) auf. Über 90 % der betroffenen Tiere sind Rüden. Aufgrund der anatomischen Gegebenheiten werden deutlich mehr Rüden in der tierärztlichen Praxis vorgestellt, da die Steine die männliche Harnröhre verlegen können.
Cystinurie hat eine erbliche Genese. Beim Hund sind verschiedene Erbgänge für Cystinurie bekannt. Es wurden bereits Mutationen für Cystinurie identifiziert, die in Genen liegen, die für das Aminosäuretransportsystem b0, + kodieren (SLC3A1 und SLC7A9).
Typ I-A
– Vererbung autosomal rezessiv (betroffene Tiere tragen zwei Defektallele)- Neufundländer, Landseer, Labrador Retriever
– verursacht durch Mutationen im SLC3A1 Gen
– schwere und früh-manifeste Form (ab Welpenalter oder bei jungen Hunden)
– beide Geschlechter betroffen
Typ II-A
– Vererbung autosomal dominant (betroffene Tiere tragen ein oder zwei Defektallele)
– Australian Cattle Dog
– verursacht durch Mutationen im SLC3A1 Gen
– schwere und früh-manifeste Form (ab Welpenalter oder bei jungen Hunden)
– beide Geschlechter betroffen
Typ II-B
– Vererbung autosomal dominant (betroffene Tiere tragen ein oder zwei Defektallele)
– Zwergpinscher
– verursacht durch Mutationen im SLC7A9 Gen
– beide Geschlechter betroffen
Typ III
– leichtere und spät-manifeste Form
– nur männliche Tiere betroffen
– bisher keine Mutation bekannt
– ein modifizierender Androgeneffekt wird vermutet
– mehr als 60 Rassen: Mastiff, Französische Bulldogge, Basset, Irish Terrier, Scottish Deerhound, u.a.
Canine Multifokale Retinopathie | CMR
Die sogenannte canine multifunktionale Retinopathie (CMR) ist eine erbliche Erkrankung, bei der die Netzhaut multiple Läsionen aufweist. Der genaue Verlauf der Erkrankung ist noch nicht vollständig geklärt und zusätzlich bei verschiedenen Rassen unterschiedlich. Meist zeigen sich erste Symptome bereits im Alter von vier Monaten und entwickelt sich anschließend nur langsam. In einigen Fällen verschwinden die Läsionen der Retina und treten zu einem späteren Zeitpunkt erneut auf. Die Symptomatik der CMR wird noch immer erforscht. Beeinträchtigung des Sehvermögens oder Sehstörungen sind für betroffene Tiere bislang nicht beschrieben.
Ganzheitliche Gesundheit
Congenitale Hypothyreose | CHG
Kongenitale Hypothyreose bei der Französischen Bulldogge (CHG) ist eine angeborene Schilddrüsenerkrankung. Im Allgemeinen stellt eine kongenitale Strumae eine Vergrößerung der Schilddrüse dar. Diese Erweiterung kann zu einer verringerten, erhöhten oder normalen Sekretion der Schilddrüsenhormone führen. Bei Hypothyreose sinkt die Sekretion der Schilddrüsenhormone, was viele Folgesymptome verursacht. In der Regel tritt Hypothyreose am häufigsten bei Hunden auf, kann sich aber auch bei anderen Spezies wie Katzen oder Pferden entwickeln. Beim Menschen können, anders als bei erblichen Strumae, kongenitale Strumae auch von Dyshormonogenese, einer transplazentaren Passage mütterlicher Antikörper oder einer transplazentaren Passage von Goitrogenen verursacht werden.
Die Schilddrüse ist eine der größten endokrinen Drüsen im Körper des Hundes. Sie ist für die allgemeine Steuerung des Stoffwechsels verantwortlich: Grad der Verwendung von Energiequellen, Proteinsynthese und Steuerung in Bezug auf andere Hormone. All diese Prozesse werden von der Produktion von Schilddrüsenhormonen reguliert, die das Wachstum und die Funktionsrate vieler anderer Körpersysteme regeln. Jod ist für die korrekte Schilddrüsenfunktion wichtig.
Hereditäre Katarakt | HC
Ein Katarakt ist eine Trübung der Augenlinse. Im fortgeschrittenen Stadium aus als Grauer Star bekannt. Der Hereditäre Katarakt (HC) beim Australian Shepherd ist eine erbliche Form aufgrund einer Mutation im HSF4-Gen. Dieses Gen wird als ein hohes Risiko angesehenen, d.h. das Hunde mit dieser Variante erheblich häufiger an einem binokularen Katarakt erkranken. Heterozygote Anlageträger, die nur eine Kopie des defekten Gens besitzen, leiden dagegen häufig an einer anderen Kataraktvariante (Hinterer subkapsulärer Katarakt), die das Sehvermögen nur selten beeinflusst. Bei der reinerbig (homozygot) vererbten Mutation erkranken die Hunde an einer nukleären Form welche das Sehvermögen fortschreitend beeinflusst. Erste Symptome treten häufig in jungen Jahren auf, aber auch eine Erkrankung im späteren Alter ist möglich. Der Erbgang ist noch nicht vollständig geklärt.
Chondrodystrophie & - Chondrodysplasie | CDDY & CDPA
Extrem verkürzte Beine sind charakteristisches Merkmal, da kurze Gliedmaßen viele Rassen definieren. Zur Verkürzung der langen Knochen kommt es infolge des abnormalen Wachstums des Knorpelgewebes und Änderungen in der Struktur der Wachstumsfugen und deren vorzeitiger Verkalkung bei sehr jungen Hunden. Das Ergebnis sind verkürzte gekrümmte Beine. Zurzeit sind zwei Zustände bekannt, die diese Kurzbeinigkeit (oder disproportionierten Zwergwuchs) verursachen – und zwar Chondrodysplasie und Chondrodystrophie.
Chondrodysplasie wird durch Insertion des Retrogens, das für den Fibroblasten-Wachstumsfaktor-4 (FGF4) kodiert, in das Hundechromosom 18 verursacht. Der Fibroblasten-Wachstumsfaktor-4 (FGF4) ist in viele biologische Prozesse einschl. der Knochenentwicklung eingebunden. Sie kommt bei den Rassen Basset Welsh Corgi, Dachshund, West Highland White Terrier und Schottisch Terrier vor. Diese Mutation wird autosomal dominant vererbt. Das bedeutet, dass zur Ausprägung dieses Phänotyps nur ein von einem Elternteil vererbtes Allel genügt.
Die Mutation, welche die Chondrodystrophie verursacht, wurde erst kürzlich entdeckt und es handelt sich um Insertion desselben für den Wachstumsfaktor kodierenden Retrogens, d.h. FGF4, jedoch diesmal in das Hundechromosom 12. Diese Mutation erklärt den kurzbeinigen Phänotyp bei den anderen Hunderassen, wie z.B. Jack Russell Terrier, Dandie Dinmont Terrier, Französischer Bulldogge, Chihuahua, Chinesischer Schopfhund, Pekingese, Shih Tzu, Havaneser, Coton de Tulear, Bishon Frise, Zwerg- und Toypudel, Beagle, Cavalier King Charles Spaniel, English Springer Spaniel, American Cocker Spaniel, Portugiesischer Wasserhund, Nova Scotia Duck Tolling Retriever oder Chesapeake Bay Retriever. Hunde, die beide Mutationen haben, weisen drastisch gekürzte Beine auf. Es handelt sich insbesondere um Bassets, Dachshunde, Welsh Corgi und Schottisch Terrier.
Neben verkürzten Extremitäten hängt diese Insertion im Chromosom 12 auch mit der Veranlagung zum abnormalen Wachstum und der Entwicklung der Bandscheiben zusammen. Bei dem betroffenen Hund tritt das Krankheitsbild früh auf (bereits einige Stunden nach der Geburt bis zum Alter von 1 Jahr) und es kommt zur vorzeitigen Verkalkung und infolgedessen zum Verlust der Flexibilität und fortschreitender Degeneration der Bandscheiben. Diese abnormalen Bandscheiben werden dann in den Wirbelkanal gedrückt, wo Blutungen und Entzündung starke Schmerzen und neurologische Dysfunktion, die als Bandscheibenerkrankungen Typ I (aus dem englischen Intervertebral Disc Disease I., IVDD) bezeichnet werden, verursachen. IVDD hat eine hohe Sterberate und hoch sind ebenfalls die Kosten für chirurgische Eingriffe und veterinäre Betreuung und Pflege.
Quellen: Justus Liebig Universität Gießen | Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover | Animalabs |